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Teil 1: Geschichte und Vorteile des Bauens mit Stroh

Kurzbeschreibung: Bauen mit Stroh ist zwar de facto noch immer ein Nischenbereich, aber mehr Kundennachfrage wäre da. Die Geschichte des Bauens mit Stroh wird kurz dargestellt. Gründe für das Bauen mit Stroh werden angeführt (vorwiegend volkswirschaftlich-ökologische). Bauen mit Stroh
Eine Serie in vier Teilen
Teil 1: Geschichte und Vorteile des Bauens mit Stroh

Erwin Schwarzmüller:
Ev. Einstiegszitat
(Schwarzmueller20150613x2, 13.30 - 14.08)
Also das Potenzial auf Kundenseite wäre sehr viel höher, wenn man nicht so viel Behördenwiderstand hätte oder institutionellen Widerstand bei den Anbietern. Ich verstehe auch die Unsicherheit bei den Architekten und Planern. Das ist Neuland, sie wissen nicht, sie haben kein fixes Vis-à-Vis, da gibt es keinen normierten Baustoff, ich habe kein Proholz oder so, an die ich mich wenden kann für Infos, die mir sagen: Das Schallschutzmaß ist so und so, wenn Du die Wand so machst. Also das ist alles ein work in progress.


Das Bauen mit Stroh ist noch ein Nischenbereich - von einigen wohl belächelt, von vielen möglicherweise gar nicht wahrgenommen. Ist das Bauen mit Stroh also bloß ein Tummelplatz für "Öko-Freaks", ein Thema mit dem sich der gestandene Baumeister oder Architekt sowieso nicht beschäftigen muss?
In den letzten beiden Jahrzehnten gab es eine beachtenswerte Entwicklung, was das Bauen mit Stroh betrifft. In verschiedenen europäischen Ländern gibt es mehr und mehr Beispiele von Gebäuden, bei denen Stroh zum Einsatz kam, darunter auch mehrgeschoßige Gebäude und Nicht-Wohngebäude. Bauen mit Stroh wurde zum Thema von Forschungsprojekten, mittlerweile gibt es auch bereits zertifizierte Strohballen.
Sie könnten die erheblichen Vorteile von Stroh als Planer nutzen, um sich am Markt zu differenzieren. Es gibt einige Kunden, die gerne mit Stroh bauen würden, aber keinen entsprechenden Planer finden.
Zum Einstieg in das Thema behandeln wir in diesem Beitrag / in dieser Serie folgende Punkte:

Geschichte des Bauens mit Stroh
Was spricht für das Bauen mit Stroh?
Der Baustoff Stroh - Eigenschaften und gängige Einwände
Konstruktionen im Strohbau. Kann Stroh auch in der Sanierung von Gebäuden eingesetzt werden?
Die Kostensituation
Potenzial des Bauens mit Stroh
Weiterführende Informationen

Die Serie besteht aus folgenden Teilen:

Teil 1: Geschichte und Vorteile des Bauens mit Stroh
Teil 2: Der Baustoff Stroh - Eigenschaften, gängige Einwände und wie diese entkräftet werden können
Teil 3: Konstruktionen im Strohbau für Neubau und Sanierung. Die Kostensituation
Teil 4: Ausblick und weiterführende Informationen

Kurze Geschichte des Bauens mit Stroh

Im späten 19. Jahrhundert begann das Bauen mit Stroh in den USA, ermöglicht durch die Entwicklung von dampfgetriebenen Strohballenpressen. Die ersten Strohballenhäuser entstanden in Nebraska, einem Gebiet mit riesigen Getreidefeldern. Vor allem in diesen holzarmen Gegenden und im Süden der USA wurden Strohhäuser errichtet, bei denen die Strohwände die Last der Dachkonstruktion trugen - diese Konstruktionsweise wird daher noch heute Nebraska-Stil oder lasttragende Bauweise genannt. Die aus Strohballen bestehenden Wände wurden beidseitig direkt mit Lehm oder Zement verputzt.
Seit den 1940er-Jahren wurde Stroh in den USA als Baustoff zunehmend durch die aufkommenden standardisierten Massenbaustoffe verdrängt, aber in den 1970er-Jahren erlebte Stroh in Nordamerika ein Revival. Die alternative Szene in den USA und in Kanada entdeckte diesen Baustoff wieder, es entstanden dort zahlreiche Bauten aus Stroh. Magazine, Vereine und Firmen wurden gegründet, Seminare und Workshops abgehalten. 1994 erschien das Standardwerk "The Straw Bale House", das sich weltweit verbreitete.
Seit den 1990er-Jahren fasste der Bau mit Strohballen auch in verschiedenen europäischen Ländern Fuß. In Österreich wurde die erste Firma, die sich mit Strohbau beschäftigte, im Jahr 1999 gegründet. In den 2000-er Jahren gab es in Österreich im Rahmen des Programms "Haus der Zukunft" einige Forschungs- und Demonstrationsprojekte zum Thema Strohbau.

Der Architekt Erwin Schwarzmüller, der ein Pionier des Bauens mit Stroh in Österreich ist, zur Geschichte des Bauens mit Stroh:

Erwin Schwarzmüller:
Wir haben in den letzten 15-20 Jahren viele Produkte entwickelt. Kommerziellen Strohbau gibt es seit 1999 in Österreich, also schon seit gut 16 Jahren, das erste war die Firma Strohtech. Und Stroh ist ursprünglich einmal mit Kleinballen gebaut worden. Entwickelt wurde das ganze vor etwa 150 Jahren in Nordamerika in den Plains, wo es sehr wenig Bauholz gab und wenig verfügbare Steine, und da ist man irgendwann mit der Erfindung der Ballenpressdampfmaschinen drauf gekommen: Das könnte man als Baustoff verwenden und hat das aufeinander gestapelt, stehen gelassen, Dächer darauf gemacht, und nach einem Jahr hat man es verputzt, oder so, wenn es sich gesetzt hat. Das heißt: Die erste oder eine der ältesten Bauweisen ist in der Neuzeit eigentlich der lasttragende Strohballenbau mit Kleinballen.


Was spricht für das Bauen mit Stroh?

Erwin Schwarzmüller:
Stroh ist ein Super-CO2 -Speicher, ja das stimmt. Auf Lebensdauer des Gebäudes super. Nachnutzung: Super. Ist die beste "cradle to cradle" Technologie, die mir einfällt, weil: Wir haben jetzt das älteste Strohhaus in Europa in Montargis, das ist die Maison Feuillette von einem Ingenieur in Frankreich entwickelt, nach dem Ersten Weltkrieg 1921 gebaut, ist jetzt vom französischen Strohballennetzwerk erworben worden als Standort auch, von der Strohballenszene in Frankreich, von der Strohballenvereinigung. Einwandfrei nach fast 100 Jahren, nach 95 Jahren, kann man sagen, könnte man wieder verbauen, 1:1. Sie haben nur Proben aufgemacht, einwandfrei gelb. Also wäre wieder nutzbar. Also ich kann es wieder nutzen, ich kann es kompostieren, ich kann es verbrennen, ich kann alles mögliche machen mit dem Stroh.
Aber auf die Lebenszeit ist einmal die eineinhalbfache Gewichtsmenge an CO2 gebunden - genauso wie beim Holz. Vorteil gegenüber Holz aus meiner Sicht ist: Ich muss es nicht extra anbauen, es ist ein Koppelprodukt - klassische kaskadische Nutzung. Ich brauche keine Zusatzfläche wie beim Hanf, den ich kultivieren muss und anbauen muss, und daher, sage ich, hat es eine hervorragende Ökobilanz, sondern den geringsten Fußabdruck, den man sich überhaupt vorstellen kann im Baubereich.


Stroh hat im Vergleich zu anderen Baustoffen eine hervorragende Ökobilanz.
In der Broschüre "Strohgedämmte Gebäude", herausgegeben von der deutschen Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe werden vier Außenwandaufbauten in Passivhausqualität (U-Wert = 0,1 W/m2 K) verglichen. Vergleichskriterien sind der nicht-erneuerbare Primärenergiebedarf und das Treibhauspotenzial. Es handelt sich um folgende vier Konstruktionen:

1. Ein Holzbau, der strohgedämmt sowie direkt mit Lehm und Kalkputz verputzt ist
2. ein Holzrahmenbau mit Zellulose gedämmt
3. ein Holzrahmenbau mit Mineralfaser gedämmt
4. ein Massivmauerwerk in Kalksandstein mit einem Wärmedämmverbundsystem aus EPS,

also drei Holzbauten und ein Massivbau.
Zunächst zum Kriterium "nicht-erneuerbarer Primärbedarf". Er beträgt für die Herstellung der mit Stroh gedämmten Wandkonstruktion etwa 59 kWh pro Quadratmeter Wandfläche.
Das ist deutlich geringer im Vergleich zu den anderen Konstruktionen. Die Kalksandsteinwand mit Wärmedämmverbundsystem weist in etwa den sechsfachen Wert auf, die mineralfasergedämmte Holzrahmenwand mehr als das Vierfache und die zellulosegedämmte Holzrahmenwand etwa das Dreifache.
Bei der Treibhausgasbilanz entziehen die Leichtbauweisen der Atmosphäre sogar netto CO2 anstatt CO2 zu emittieren, wie es bei der Massivbauweise der Fall ist. Die strohgedämmte Konstruktion entzieht mit ca. 88 kg CO2 -Äquivalent pro m2 Wandfläche die größte Menge an Treibhausgasen.

Neben der vergleichsweise sehr guten Energie- und Treibhausgasbilanz weist der Baustoff Stroh weitere günstige ökologische Eigenschaften auf:
Wenn das Ende der Nutzungsdauer einer Strohkonstruktion in einem bestimmten Gebäude erreicht ist, kann grundsätzlich Stroh wie auch Holz nachgenutzt, d.h. als Baustoff für andere Gebäude verwendet werden, oder relativ umweltschonend entsorgt werden: Kompostierung oder Verbrennung, also thermische Verwertung, ist möglich. Eine gängige Kritik seitens ökologisch bewußter Endkunden an EPS-Fassaden ist die mangelnde Verwertbarkeit des Materials am Nutzungsende.
Stroh ist ein Nebenprodukt bzw. Koppelprodukt der Getreideproduktion. Es ist also im Vergleich zu anderen nachwachsenden Rohstoffen kein zusätzlicher Anbau mit dem damit einhergehenden Flächenverbrauch und weiteren Belastungen notwendig.
Stroh muss für die Nutzung als Dämmstoff nicht (nach-)behandelt werden im Gegensatz zu Zellulose oder Schafwolle.
Dazu Erwin Schwarzmüller:

Erwin Schwarzmüller:
Wir müssen Stroh als einziges Naturmaterial nicht nachbehandeln. Wenn man Wolle anschaut, da muss man Lindan oder irgendein Schädlings-, Mottenschutzmittel einsetzen, muss das waschen, also Chemie. Wenn man Zellulose hat, dann muss man Flammhemmer raufgeben, also wieder Chemie. Und die werden jetzt glaube ich verschärft, weil sie ja wasserschädlich biologisch sind, also die Borsalze müssen ihre Rezeptur ändern. Wenn man Styropor anschaut, mit viel Trickserei im Labor kommen die mit Chemie auf die Entflammbarkeit. Mit dem Stroh bin ich normal entflammbar, ich brauche es nicht zusätzlich chemisch dotieren, brauche keinen zusätzlichen Verarbeitungsgang setzen. Bei Holzwolle dasselbe, es wird alles behandelt, Holzwolle wär ja schön, wär ökologisch, hat einen irrsinnigen Fußabdruck, weil es viel Energie bei der Herstellung braucht. Wächst auch sehr langsam, man muss sich vorstellen, wie lange braucht der Wald, bis er gereift ist, 60 Jahre, früher 80 Jahre, 100 Jahre. Stroh fällt jedes Jahr als Abfallprodukt an, das ist einfach die überlegene Bilanz, da kommt jetzt keine andere Pflanzenfaser hin.


Eine weitere Stärke von Stroh als Baustoff liegt in der Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe. Stroh ist ein regional verfügbarer Baustoff, ist beschäftigungswirksam, da die Verarbeitung relativ arbeitsintensiv ist und verringert die Auslandsabhängigkeit.

Erwin Schwarzmüller:
Und genauso ist es mit dem Strohbau, nur dass wir halt wirklich unsere Auslandsabhängigkeit verringern helfen beim Rohstoff, wirklich arbeitsplatzintensivere Bauweise haben, und wenn man diese Argumente und die Klimanützlichkeit in Erwägung zieht, könnte man eigentlich vom Klimafonds sagen: Das ist uns was wert, wir wollen diese Bauweise fördern, zum Beispiel mit Zertifikaten pro Tonne verbautem Stroh.

Teil 2: Der Baustoff Stroh - Eigenschaften und gängige Einwände

Kurzbeschreibung: Die drei verschiedenen, am Markt verfügbaren Ballentypen werden besprochen: Kleinballen (gut vom Selbstbauer handhabbar), Mittelballen und Großballen. Die Wärmedämmeigenschaften von Stroh werden besprochen. Wichtig ist, dass im eingebauten Zustand die Halme quer zur Richtung des Wärmestroms zu liegen kommen. Der Bemessungswert für die Wärmeleitfähigkeit von Baustrohballen liegt bei 0,052 W/mK. Eine Reihe von Einwänden gegen das Bauen mit Stroh werden besprochen:
  1. Stroh brennt: verpresstes Stroh brennt schlecht
  2. Schimmelbildungsrisiko: ja, es besteht, kann aber durch Achten auf geringe Feuchte reduziert werden
  3. Nagetiere und Ungeziefer: Stroh als Material ist für Tiere eigentlich nicht attraktiv
Es gibt mittlerweile auch zertifizierte Strohballen; das hat die Erlangung von Baubescheiden vereinfacht, aber auch die Preise für Stroh gehoben.
Der Baustoff Stroh (Stroh als Baustoff, Der Baustoff Strohballen)
Eigenschaften und gängige Bedenken
Teil 2: Der Baustoff Stroh - Eigenschaften und gängige Einwände
Teil 2: Strohballen als Baustoff - Eigenschaften und gängige Einwände
Teil 2: Strohballen als Baustoff - Eigenschaften sowie berechtigte und unberechtigte Einwände

Um Strohhäuser zu bauen, werden üblicherweise Strohballen angewendet, es gibt jedoch auch die Möglichkeit mit lose geschüttetem Stroh zu bauen.
Baustrohballen bestehen aus Getreidestrohhalmen, die in landwirtschaftsüblicher Weise zu quaderförmigen Ballen gepresst sind. Für die Verwendung in Baustrohballen ist möglichst goldgelbes, also nicht bereits vergrautes, langhalmiges Getreidestroh der Getreidesorten Weizen oder Roggen geeignet. Dieses kann aus konventionellem oder aus biologischem Anbau stammen, sollte aber möglichst wenig verunreinigt sein..
Je nach verwendeter Ballenpresse entstehen Strohballen verschiedener Größe.

Erwin Schwarzmüller:
Wir haben am Markt verfügbar drei verschiedene Ballentypen:
1. Kleinballen
2. Mittelballen und
3. Großballen, die großen Quaderballen. Die muss man meistens teilen, auf einer Bandsäge teilen oder so, dass man zu vernünftigen Bauteilstärken kommt.
Es gibt da noch die Rundballen, aber verständlicherweise kann man mit denen weniger machen, könnte man eventuell so griechische Säulen machen oder so... Und dann gibt es einige wenige, die auch mit losem Einblasstroh experimentieren und bauen. Also die Firma Lopas in Österreich zum Beispiel verwendet Einblasstroh, also gehäckseltes Stroh als Einblasdämmung.


(Schwarzmueller20150613x2, 2.52 -4.05)
Normalerweise macht man eben eine Feuchtemessung, macht man eine Maßhaltigkeitsmessung, man schaut sich an, wie die in den Maßen sind, das sind eben diese üblichen Kleinballen 35, 36 cm dick, 48, 46 cm breit, das hängt von der Ballenpresse ab, das Format, das geht bis 51 oder so, und die Länge ist eher die variablere Einheit. Die hängt von der Pressgeschwindigkeit ab und vom Durchfahren, wie dicht dieser Strohschwad am Feld liegt usw. Davon hängt die Länge der Ballen ab, ist ungefähr zwischen 70 cm und 1,10 m bei den Kleinballen. Großballen ist ein anderes Kapitel; die Mittelballen, die schwanken so, die sind so 50 stark mal 80 meistens, 50, 60, 80 und sind 1,10 m, 1,20 m, 1,40 m, 1,80 m lang, sind sehr viel schwerer, die kann ich nicht mehr händisch manipulieren, die liegen dann schon in Gewichtsklassen bis 100 Kilo, und die ganz großformatigen Ballen, die sind 240 kg bis 400 kg, also die kann ich nur mit Maschinen bewegen.

Ein Vorteil von Kleinballen im Gegensatz zu Mittel- und Großballen ist, dass diese händisch verarbeitet werden können. Bei einer Dichte von 85 bis 115 kg/m3 wiegen Kleinballen in der Regel 8 bis 12 kg, maximal etwa 15 kg. Als Bindeschnüre, die den Ballen zusammenhalten, kommen Schnüre aus Kunststoff oder Sisal zum Einsatz.

Die Wärmedämmeigenschaften von Stroh

Da die Wärmeleitfähigkeit von Stroh in Richtung der Halme höher ist, ist es sinnvoll, Strohballen so einzubauen, dass die Halme quer zur Richtung des Wärmestroms liegen.
Beim Einsatz von Kleinballenpressen ist es üblicherweise so, dass die Haupthalmrichtung in Richtung der zweitgrößten Abmessung, der Breite, liegt. Diese beträgt in der Regel 46 bis 49 cm. Daraus ergibt sich, dass es zur Optimierung der Wärmedämmeigenschaften günstiger ist, den Ballen aufgestellt einzubauen. Denn falls der Ballen liegend eingebaut würde, ergäbe sich der Wärmestrom entlang der Orientierung der Halme. Es ergibt sich so - ohne Wandbekleidung / Wandverkleidung - eine Wandstärke von 36 cm.

Erwin Schwarzmüller:
Viel wichtiger ist die Orientierung der Strohhalme. Wir haben ja eine Situation, dass dieser Strohernter das so hineinwirbelt, und dann wird das in einen Schacht gepresst d.h. die haben eine Vorzugrichtung in der Pressrichtung, und da sind sie schlechter, ja. Also in der Halmrichtung, wo die Vorzugshalmrichtung ist, sind sie schlechter. D.h., ich muss die Orientierung so wählen, oder ich sollte sie so wählen, dass die Halme quer liegen, und da gibt es jetzt eine Richtung, die bevorzugt ist.

Im Regelfall ist da der prägende Parameter der Kanal der Presse, und der ist üblicherweise 35, 36 cm hoch, das ergibt dann die Wandstärke, weil der Ballen wird eher hochkant verwendet. Wenn man ihn nicht hochkant verwendet, dann hat er wesentlich schlechtere Wärmedämmeigenschaften, weil die Fasern vorzugsweise in eine Richtung gepresst sind. Wenn man das ändert, dann kommt man zu anderen Lambda-Werten. Also bei uns wird er eher aufgestellt verwendet. Liegend wird er eher im lasttragenden Bau verwendet das man quasi einen Verbund hat und verputzt.


Wie gut dämmt Stroh in Zahlen?
Der Bemessungswert für die Wärmeleitfähigkeit von Baustrohballen liegt bei 0,052 W/mK, falls der Wärmestrom quer zur Haupthalmrichtung verläuft. Im Labor gemessene Werte liegen mit 0,039 bis 0,043 W/mK unter diesem Bemessungswert. Der Bemessungswert berücksichtigt allerdings einen 20%-igen Sicherheitszuschlag zum trocken gemessenen Laborwert. Verläuft hingegen der Wärmestrom in Halmrichtung, liegt der Bemessungswert der Wärmeleitfähigkeit bei 0,08 W/mK.
Bei einer strohgedämmten Holzständerwand mit 36 cm Dämmdicke und Wärmestrom quer zur Haupthalmrichtung ergibt sich ein U-Wert von etwa 0,15 W/m2 K.

Einwände gegen das Bauen mit Stroh und was davon zu halten ist
Gängige Bedenken und was davon zu halten ist

"Stroh brennt doch, da gehen die Mäuse rein, Stroh schimmelt", das sind die drei häufigsten Vorurteile gegen Bauweisen mit Stroh.
Doch halten diese Vorurteile oder Bedenken der Realität stand?

Die bisherigen Erfahrungen mit umgesetzten Strohbauten zeigen: Fachgerecht verbautes Stroh verrottet nicht, stellt keine größere Brandgefahr dar und wird nicht von Nagetieren und Ungeziefer befallen. Es gibt mit Strohballen gebaute Gebäude, die bereits älter als 100 Jahre sind und noch immer intakt sind.
Lose und vollkommen ungeschütztes Stroh würde eine zu leichte mikrobielle Zersetzbarkeit, Entzündbarkeit und Verwertbarkeit für Nagetiere und Ungeziefer aufweisen. Um als dauerhaftes und sicheres Baumaterial zu dienen, wird das Stroh daher fest gepresst, lückenlos verbaut und dicht verkleidet. Fest gepresstes Stroh lässt sich wesentlich schlechter entzünden als loses. Daher erreichen Baustrohballen nach DIN 4102-B2 die Baustoffklasse "normal entflammbar".

Erwin Schwarzmüller:
Jetzt würde ich jeden einladen, einen Strohselbstversuch zu machen. Eine Handvoll Stroh anzuzünden, ist gar nicht so trivial. Wenn es locker ist, geht das noch, wenn es gepresst ist, geht es fast nicht mehr. Wenn Stroh dicht verbaut ist, und die GrAT hat das einmal an einer Wand getestet, unverputztes Stroh, hat 26 Minuten Durchbrandwiderstand gehabt. 4 Minuten haben gefehlt, dass die damals die F30 geschafft hätten ohne Verputzen. Einfach dicht geschlichtet, 50 cm breite Ballen, eine Wand errichtet, 2,5 mal 2,5 Meter und die hat 26 Minuten gehalten.
Wenn ich jetzt verputze, habe ich je nach Prüfanordnung, ein, zweigeschoßig, lasttragend, nicht lasttragend, Brandwiderstandsdauern im Ausmaß zwischen 1 Stunde bis 2,5 Stunden.


In der Broschüre "Strohgedämmte Gebäude" ist zusammenfassend zum Thema Stroh und Brandverhalten festgehalten:

In Tests haben Strohballenwände mit einer geringen Bekleidung von ca. 1 cm Lehm bereits einen Feuerwiderstand von mehr als 30 Minuten erreicht. Gleichzeitig kann derartigen Wänden nach europäischen Prüfstandards auch eine Schwerentflammbarkeit bescheinigt werden.

Bzw. technischer formuliert:

Eine 36 cm dicke Baustrohballenwand mit 0,8 cm Putzschicht erreicht F30 nach DIN 4102 und kann als schwer entflammbar (B nach DIN EN 13501) betrachtet werden.

Um das Schimmelbildungsrisiko zu minimieren, ist es einerseits wichtig, Stroh und Holz in möglichst trockenem Zustand einzubauen, d.h. bei einer Einbaufeuchte, die 15 Masse-% nicht überschreitet. Andererseits ist ein geeigneter Aufbau der Konstruktion zu wählen.

Erwin Schwarzmüller:
Schimmelfrei ist es dann, wenn es trocken eingebaut ist und trocken bleibt. Wir haben als Referenzwert 15% Materialfeuchte, da sollte es darunter bleiben, wenn ich es anliefere. Und 20% Materialfeuchte sollte es im eingebauten verarbeiteten Zustand nicht überschreiten. Dann sind wir auf der sicheren Seite.

(Schwarzmueller20150613x2, 49.50 - 51.02)
Holz wird sehr oft mit bis zu 20% angeliefert. Holz ist oft der Feuchtigkeitsinput in Stroh, wenn ich ein Holzständerwerk habe und das frisch geschnitten ist.
Wo ich natürlich sehr darauf achten muss, dass das Stroh trocken gelagert ist. Nicht direkt eine Folie darüber, da muss eine Luftschicht dazwischen sein. Dass ich keine angrenzenden Baustoffe habe. Es verkraftet durchaus die Putzschicht, den Lehmputz. Das Feuchtemanagement muss ich halten.

(Schwarzmueller20150613x2, 58.00 - 58.09)
Man braucht einen zugelassenen Aufbau, wenn man sagt, empfohlene Aufbauten in Frankreich, Deutschland. Wenn man die hernimmt, liegt man auf der sicheren Seite.


Auch ein ausreichender Schlagregenschutz ist zu beachten.

Erwin Schwarzmüller:
Wenn ich jetzt Lehmputz außen mache, muss ich den vor Schlagregen schützen. D.h., ich habe eine hinterlüftete Schalung, weil der wäre per se in unseren stark schlagregenbeanspruchten Klimaten nicht haltbar. In anderen Ländern machen sie Lehmputz außen, kein Problem. D.h. ich brauche einen Schlagregenschutz, und dann ist es problemlos.
Wenn ich einen Kalkputz habe, dann ist es ein Silikatanstrich, oder ich muss diesen Sumpfkalk nehmen, der für sich diese abdichtende Eigenschaft hat.


Nach bisherigen Erfahrungen haben typische Nagetiere und Ungeziefer geringe Chancen, sich in den fest gepressten und lückenlos verbauten Strohballen zu bewegen oder festzusetzen.

Erwin Schwarzmüller:
(Schwarzmueller20150613x2, 1.01.00 - 1.01.43)
Stroh ist eigentlich nicht attraktiv, das ist ein Karbonröhrchen mit Silikateinlagen, da gibt's eigentlich für Schädlinge nichts zu holen. Nicht einmal die Mäuse mögen es. Also die Mäuse gehen lieber durch eine Glaswolle durch, meiner Erfahrung nach. Durch Schaumglas gehen sie durch den Schotter durch, aber nicht durch das Stroh. Es ist mühsam, sich da durchzubeißen. Wer einmal Stroh angegriffen hat, wenn das gut verdichtet ist, das ist sehr sperrig und zäh. Also, da nutzen sich die Zähne ab wahrscheinlich von den Nagetieren.


Erwin Schwarzmüller:
Schädlinge gibt es dort, wo schlecht gereinigtes Stroh verbaut wird oder kein sortenreines, also wenn ich Gras oder Nebengeschichten reinkrieg, kann ich Schädlinge haben. Mir sind schädlingsmäßig kaum Fälle bekannt.


Um die Marktdurchdringung und die baubehördliche Akzeptanz von Strohballen zu erleichtern, wurde in Österreich ein Verfahren definiert und durchgesetzt, das die Zertifizierung von Baustrohballen ermöglicht. Das hat den Vorteil, dass der Anwender damit Strohballen in geprüfter Qualität bekommt, aber auch den Nachteil, dass damit Baustrohballen teurer wurden, da auch die Kosten der Zertifizierung gedeckt werden müssen.
(In Österreich bietet bis jetzt nur die Firma Waldland zertifizierte Strohballen an, in Deutschland bietet die Firma Baustroh bauaufsichtlich zugelassene Baustrohballen an.)

Erwin Schwarzmüller:
Auf der einen Seite haben wir uns durch die Zertifizierung erhofft, dass wir überall rein können, und damit haben wir es tatsächlich auch geschafft in die Vorfertigung rein. Aber auf der anderen Seite hat es uns den Preis vom Rohstoff angehoben, weil wir nur einen Hersteller haben, das ist die Firma Waldland und eine Stelle, die zertifiziert, das wäre die Grat, die vor Ort zertifiziert und die dann natürlich auch entsprechende Kosten hat, wenn sie wohin fahren muss.

Teil 3: Konstruktionen im Strohbau für Neubau und Sanierung. Die Kostensituation

Kurzbeschreibung: Nach einer kurzen Erwähnung der lasttragenden Bauweise, die in Österreich eigentlich nicht angewendet wird, wird die in Österreich dominierende "Holzständerkonstruktion" genauer besprochen. Strohballen können auch zur thermischen Sanierung von Gebäuden eingesetzt werden, auch mit vorgefertigten vorgehängten Fassaden. Architekt Erwin Schwarzmüller, der Interviewpartner, hat sein Haus selbst mit Stroh gedämmt. Ausgewählte Bereiche (Fassade, Perimeter, Fenster) dieser Sanierung werden besprochen. Ein eigener Abschnitt ist der Kostensituation bzw. der Wettbewerbsfähigkeit des Strohbaus gewidmet. Der Stroh ist in der Regel nicht kostengünstiger als konventionelle Bauweisen. Reale Eigenleistungsanteile werden vorab seitens des Bauherren meist überschätzt. Wie baut man mit Stroh? Konstruktionen im Strohbau für Neubau und Sanierung
Teil 3: Konstruktionen im Strohbau für Neubau und Sanierung. Die Kostensituation

Erwin Schwarzmüller:
Ja, Bauweisen gibt es drei, vier verschiedene. Es gibt wie gesagt die lasttragende, die ist in Österreich überhaupt nicht gebräuchlich oder kaum angewendet. (Da gibt es ganz wenige, die damit arbeiten wie den Mirko Kade oder den Baumeister Höller, der leider verstorben ist und der Netzwerkpartner war, hat sich in Österreich nicht durchgesetzt. Das hat mehrere Gründe, aber da komme ich vielleicht später noch einmal darauf zurück.)
Die zweite Bauweise wäre eine Holzständerbauweise, dass man sagt, man macht ein Holz-Riegelwerk und nutzt den Dämmstoff Stroh also nur in der Dämmeigenschaft oder vielleicht noch als Putzträger, so wie es in Deutschland gemacht wird, dass man zwei Ballen einfügt und auf einer Seite verputzt und auf der anderen Seite beplankt, das ist auch relativ häufig.
Dann gibt es in letzter Zeit in den letzten Jahren haben sich Hybridtechniken entwickelt, die sowohl die tragenden Qualitäten oder wandbildenden Qualitäten von Stroh nutzen und den Holzanteil reduzieren helfen, was auch wichtig ist, weil es eine ökologisches Thema ist, weil Holz ja nicht unbegrenzt verfügbar ist in den Aufgaben.
Ja und dann gibt es die Fertigteilbauweise, die vollbeplankt ist, wo quasi das Stroh in einer Box drinnen ist, und das dann geliefert wird. Also diese Bauarten gibt es mehr oder weniger.


Bei der lasttragenden Konstruktionsart, die sich aus der historischen Bauweise entwickelt hat, übernehmen die Strohballen die vertikalen Lasten.
Die Ballen werden bei dieser Bauweise wie Ziegel im Versatz aufgemauert bzw. eigentlich aufgelegt und mit Stangen aus Holz oder Bambus innen oder außen versteift. Nach einem Setzungszeitraum von 4 bis 6 Wochen kann die Wand direkt verputzt werden. Der Setzungsprozess kann durch Spannvorrichtungen wie Gurte oder Seile oder durch Kompression der Ballen durch Gewichte am Dach beschleunigt und verstärkt werden.
Im lasttragenden Strohbau werden auch Großballen eingesetzt. Diese sind im Vergleich zu Kleinballen höher belastbar und daher aus statischer Sicht gut geeignet. Ein Nachteil des Einsatzes von Großballen ist allerdings der höhere Platzbedarf der Wände.
In der Broschüre "Strohgedämmte Gebäude" ist zur lasttragenden Bauweise folgendes Resümee festgehalten:

Obgleich die historischen Wurzeln der Bauweise eher im Einsatz von Strohballen als mechanisch belastetem, überdimensionalem und tragendem Mauerstein liegen und diese Bauweise weltweit von der Anzahl her nach wie vor überwiegen dürfte, stehen bislang ein belastbarer wissenschaftlicher Erklärungsansatz für die Tragwirkung und eine praxistaugliche Bemessung noch aus. In Deutschland existiert etwa eine Handvoll solcher Gebäude. Ihre Gebrauchstauglichkeit konnte mit Einzelnachweisen erbracht werden.

Bei der in den letzten Jahren am häufigsten angewandten Strohbauweise werden Stohballen in einer Holzständerkonstruktion eingebaut. Hier übernehmen die Strohballen keine tragende Funktion, sondern werden als wandbildender Dämmstoff eingesetzt.
Die Strohballen werden in die Zwischenräume der Holzständerkonstruktion geschlichtet und eventuell verdichtet, um Setzungen zu vermeiden. Dabei wird die Eigenschaft der Ballen genutzt, dass diese nach dem Durchschneiden der Schnüre in der Längsrichtung expandieren und damit die Lücken zwischen Stroh und Holzkonstruktion schließen.
Die vertikalen Lasten aus Dachkonstruktion oder Geschossdecken werden bei dieser Bauart durch das Ständerwerk aufgenommen.
Derartige Konstruktionen aus Holz und Stroh können auch als Module in Vorfertigung produziert werden. Man spricht dann auch vom modularen Strohbau.

Bei Hybridtechniken wird versucht, die Vorteile der lasttragenden Strohbautechnik mit den Vorteilen der Ständerkonstruktionen zu kombinieren: Die Strohballen übernehmen in Kombination mit den Putzoberflächen die wind-aussteifende Funktion, die Ständer sorgen (zusätzlich) für die Abtragung der statischen Lasten.
Eine hybride Technik ist das sogenannte CUT-System. CUT steht für "Cells under Tension". CUT-Holzleisten verhindern bei diesem System die Knickung bzw. Durchbiegung der Ständer und halten den Strohballen in der Konstruktion. Hybridsysteme werden entweder beidseitig oder einseitig direkt verputzt.

Erwin Schwarzmüller:
(Also ich kann zum Beispiel in der CUT-Technik, das ist die bekannteste Hybridtechnik, die sehr holzsparend ist. Die besteht aus aufgestellten Holzbrettern und dazwischen eingeklemmten hochkantig verbauten Strohballen, und wenn mir da etwas fehlt, da kann ich ein Stück von einem Strohballen nehmen einen Schwart und rein, da habe ich so Hilfsbretter, da wird das hineingequetscht, komprimiert. Ich kann mir in der Länge immer besser helfen.
Aber wenn ich zum Beispiel eine Ständerbauweise habe, vertikal, und die Strohballen zu zweit hinein lege, dann muss das genau um 2 cm kleiner sein als die zusammengelegten Strohballen, damit die auch mit Druck hineingehen. Oder wenn ich nur einen habe, was eher nicht ratsam ist, weil ich dann sehr viel Holzanteil habe, dann muss der genau passen auf Klemmung.)


Strohballen können auch zur thermischen Sanierung von Gebäuden eingesetzt werden. Bei der Wrapping-Technik wird eine üblicherweise 36 cm dicke Außendämmung aus Strohballen vor bestehende Mauern gesetzt. Die Fixierung erfolgt mit Spanngurten oder durch Hilfskonstruktion aus Holz. Die Wrapping-Technik wird sowohl in der Sanierung als auch im Neubau eingesetzt.

Der Architekt Erwin Schwarzmüller hat vor einigen Jahren ein ca. 100 Jahre altes Haus gekauft, schrittweise saniert und mit Stroh gedämmt.

Erwin Schwarzmüller:
Das Haus ist strohgedämmt, 50er Ziegelmauerwerk, ist 200 Jahre alt jetzt, nachdem es eine gesunde Substanz war, habe ich mich entschieden, das Haus zu erhalten. Wo wir es gekauft haben, war es eigentlich ein Totalschaden, weil es völlig durchnässt war aufgrund mehrerer Sanierungsfehler der Vorgeschichte, der Vorbesitzer. Nachdem es trocken war, habe ich mich rausgesehen, da mit Stroh zu dämmen.
Ich habe im Perimeterbereich mit Schaumglasschotter außen gedämmt, ich habe den Sockel auch abgeklopft, damit keine Feuchtebrücke raufgeht durch den Putz. D.h. im unteren Spritzwasserbereich ist es jetzt hinter einer feuchtfesten Platte, zementgebundene Fassadenplatte, ist da jetzt Schaumglassschotter drinnen, diffusionsoffen verbaut, mit Silikatputz, und im oberen Bereich habe ich eine Vorhangfassade gemacht, die wieder beplankt ist mit einer diffusionsoffenen Platte, zementgebundene Fassadenplatte, die dann mit einem Silikatputz versehen ist.

(Schwarzmueller20150613x3, 0.31 - 1.30)
Wir haben die Wände mit Vorhangfassaden gedämmt in dem Bereich auf drei Wänden, und eine Wand ist Korkinnendämmung, weil da wollten wir die Putzgliederung erhalten.
Meiner Meinung nach ist Stroh ein sehr gutes Material für nachträgliche Dämmung, man muss halt gewisse Dinge lernen im Umgang damit. Ich habe es auch im Dachraum eingesetzt, das war wirklich für uns erlebte Bauphysik, weil wir am Anfang Energiekennzahl 300 gehabt haben und nur ein Stromheizsystem, dann hat es eben im ersten Herbst/Winter nur mehr 13 Grad im Schlafraum gehabt, und dann haben wir gesagt, jetzt müssen wir was tun. Und dann habe ich Strohballen aufgelegt auf der Dampfbremse oben drüber, dann hat es wieder 18 Grad gehabt. Und dann ist es wieder kälter geworden im November, Dezember, -5 Grad, dann haben wir die nächste Wand gedämmt und so ist es hin und her gegangen zwischen kalt und warm.

(Schwarzmueller20150613x3, 2.04 - 2.30)
Und wir haben geschaut, dass wir das wärmebrückenfrei machen, sprich den Stock immer überdämmt, das alles geht auch mit Stroh, kein Problem. Sehr oft wird Stroh auch bei Aufstockungen genommen, dass auf ein bestehendes Althaus dann nochmal ein Stock ausgebaut wird, das geht auch relativ gut im Leichtbau, würde sich Vorfertigung andenken lassen, wäre auch geeignet.


Zur Verbesserung (bzw. Optimierung) des Lichteinfalls wurden die Fensterflächen vergrößert und die Laibungen abgeschrägt, was auch mit Stroh möglich ist, wenn auch mit Aufwand verbunden.

(Schwarzmueller20150613x3, 6.15 - 6.42)
Ich habe ja ein 50er Ziegelmauerwerk und dann noch 43 cm, also das ist ja wie eine eine Ritterburg, würde ich sagen, 93 cm, da würde jeder sagen, hast Du überhaupt noch ein Licht im Haus? Wir haben sehr viel Licht, weil wir die Laibungen abgeschrägt haben, wir zum Teil auch die Verglasungen vergrößert haben nach unten. D.h., wir haben mehr Licht wie vorher eigentlich durch die Öffnung. Und wenn man sich es von innen anschaut, es ist absolut kein Lichtverlust.

(Schwarzmueller20150613x3, 14.16 - 15.00)
Die Schräge ist das mühsamste, also wirklich das Schräge auszustopfen, das ist der Hund beim Strohdämmen. Da ist der schwerste Bereich, da ist mit dem Verdichten wirklich schwere, schweißtreibende Arbeit verbunden. [. . . ]
Da muss ich dann einen Ballen aufmachen und mit Stroh ausstopfen, den Rest. Das mache ich auch im Gefach, wenn ich ein Gefach habe, und es fehlt ein Stück, dann muss ich so und so viele Teile rausnehmen, vorkomprimieren, runterpressen und das reinschieben mit zwei Hilfsplatten, und dann kann ich die Kompression wegnehmen.

Auch das Dach lässt sich nachträglich mit Stroh dämmen.

(Schwarzmueller20150613x3, 4.38 - 5.47)
Wenn man das Dach ausbaut, könnte man noch 60 m2 an Nutzfläche gewinnen, und aufsparrendämmen, das ist noch nicht passiert. Jetzt haben wir innen im Dachraum gedämmt und daher noch die Hälfte der Nutzfläche hergeschenkt. [. . . ]
Ich würde eine Aufsparrendämmung machen, luftdichte Ebene drüberspannen, dann einen schrägen Abschluss machen, wo ich das Stoh dann aufstapeln kann, und entweder in CUT-Technik fixieren und mit einem Lehmschlag glattstreichen, oder nochmal mit einer Folie oder mit einer Dachbahn abschließen, und dann eine hinterlüftete Dachziegeldeckung machen. [..]
Innen die Sparren sichtbar lassen, mit der Feuerpolizei abklären, ob die Ausmaße ausreichend sind oder ob man sie verkleiden muss.

Die Kostensituation

Erwin Schwarzmüller:
Es ist nicht viel nachgefragt, weil wir im Vergleich zum konventionellen Produkt einen gewissen Aufpreis haben, der durch keine Förderung noch abgedeckt ist, obwohl Stroh natürlich hervorragende ökologische und sozialwirtschaftliche Eigenschaften hat, sage ich einmal, global auch, wird das weder von der Politik noch von der Förderung bisher berücksichtigt.


Man könnte in einer ersten unbefangenen Einschätzung meinen, dass das Bauen mit Stroh eigentlich kostengünstiger im Vergleich zu konventionellen Bauweisen sein müsste. Denn Strohballen müssten ja günstig vom Bauern ("ums Eck") zu bekommen sein und außerdem kann man als Bauherr selbst Hand anlegen und so die Baukosten reduzieren.
Aus mehreren Gründen kann dieser potenzielle Kostenvorteil in der Praxis nicht unbedingt realisiert werden. Im Gegenteil, im Schnitt sind Strohbauten sogar etwas teurer, denn:

Aufgrund des Zertifizierungsprozesses sind Strohballen teurer geworden. Grundsätzlich kann zwar auch noch mit nicht-zertifizierten Ballen gebaut werden, Baubehörden fordern aber mittlerweile oft den Einsatz von zertifizierten Ballen.
Das Bauen mit Stroh ist relativ arbeitsintensiv. Vorfertigung kann allerdings den Arbeitseinsatz und damit die Kosten reduzieren.
Das Know-How von Baufirmen im Bereich des Strohbaus ist in der Regel noch nicht besonders hoch ausgeprägt. Baufirmen tendieren daher dazu, einen Sicherheitszuschlag zu verlangen.
Ein weiterer ökonomischer Einflussfaktor kann darin bestehen, dass noch nicht viele Firmen Strohbau anbieten und es daher quasi Monopolsituationen gibt. Diese erlauben es den Firmen, eher hochpreisig anzubieten.
Ein Eigenleistungsanteil ist zwar möglich, aber dieser wird oft überschätzt.

Erwin Schwarzmüller zur Frage des Eigenleistungsanteils:

Erwin Schwarzmüller:
Realistisch sage ich, sind Eigenleistungsanteile im Ausbau, im Verputzen, im Bodenlegen, die können helfen, 15-20 Prozent einzusparen, das ist realistisch. Mehr würde ich jetzt nicht sagen.
[. . . ]
Er wird sehr oft unterschätzt oder besser überschätzt, dieser Eigenleistungsanteil. Letztlich muss ich auch dafür zahlen, ich bin ja auch langsamer als ein Profi, der alle Geräte zur Verfügung hat.
[. . . ]
Du bist nicht gewohnt, Deine Baustelle zu organisieren, Du bist nicht gewohnt, wo einzukaufen, du musst alles ... also das ist alles mühsamer. Also insofern gibt es die Antwort: Ja, wenn man sehr viel Zeit zur Verfügung hat und Freunde, dann kann man wirklich billiger Häuser bauen, ansonsten eher nicht. Sonst wird es eher teurer, weil ja dieser Mehrwert, den es ökologisch und global und auch national hat, derzeit nicht berücksichtigt wird und auch nicht gefördert wird.

Teil 4: Ausblick und weiterführende Informationen

Kurzbeschreibung: Während der Strohbau in Österreich nach wie vor ein Nischendasein fristet, hat in Europa in Hinblick auf den Strohbau Frankreich die Nase vorn, wo es verbindliche Strohbauregeln gibt. Rein technisch gesehen wäre in Österreich jedenfalls ausreichend und nachhaltig Stroh vorhanden, der gesamte aktuelle jährliche Dämmstoffbedarf könnte gedeckt werden. Einen Schub könnte die Branche durch die Etablierung einer professionelles Strohballenbauausbildung erhalten. Das File schließt mit weiterführenden Literaturhinweisen. Ausblick - Hat das Bauen mit Stroh eine Zukunft? Potenzial des Bauens mit Stroh
Teil 4: Ausblick und weiterführende Informationen

Derzeit ist die Ausbreitung der Strohbauweise in Europa noch sehr überschaubar. In Österreich wurden in den letzten Jahren, seit die Strohballenbauweise auch in Österreich Fuß gefasst hat, in Summe etwa 300 Häuser mit Stroh gebaut. Gemäß der Broschüre "Strohgedämmte Gebäude" gab es in Deutschland im Jahr 2012 etwa 200 Strohballenbauten.
Eine dynamischere Entwicklung gibt es in Frankreich. Hier wurden bereits etwa 3000 Wohneinheiten in Strohbauweise errichtet.

Erwin Schwarzmüller:
Mittlerweile ist das eine Erfolgsstory geworden, aber nicht in Österreich, sondern in Frankreich. In Frankreich gibt es über 2000 Gebäude mit Stroh gedämmt. Es gibt 200 Firmen, die im Strohbau tätig sind. Es gibt ungefähr 3000 Wohneinheiten, verbaut in Stroh. Strohbauten bis acht Geschosse realisiert, in reiner Holzbauweise, strohgedämmt mit Elementen, die zum Teil aus Österreich kommen.


Ein Grund für den relativen Erfolg des Strohbaus in Frankreich liegt darin, dass dort im Jahr 2011 verbindliche Regeln für das Bauen mit Stroh veröffentlicht wurden, die den Charakter von technischen Bauvorschriften haben. Auch in Deutschland wurde 2014 eine Strohbau-Richtlinie veröffentlicht, welche als Ergänzung zu den anerkannten Regeln der Technik zu verstehen ist und deren Ziel es ist, "ein klares, abgesichertes Regelwerk an die Hand zu geben und damit für das Bauen mit Stroh einen Qualitätsstandard zu setzen".

Wie viel Stroh darf man entnehmen? Und wie viele Gebäude könnte man damit dämmen?

Das Rohstoffpotenzial von Stroh ist sehr hoch. Mit einem Drittel des in Österreich anfallenden Strohs könnte in etwa der gesamte Bedarf an Dämmstoffen in Österreich gedeckt werden, Dämmstoffe in jenen Bereichen ausgenommen, wo Feuchtebeständigkeit eine Grundanforderung ist, z. B. bei der Perimeterdämmung.

Erwin Schwarzmüller:
Wir reden da von hunderttausenden Tonnen, also wir könnten den Dämmstoffmarkt in Österreich neu aufmischen und neu gliedern, weil mit 100.000 t kann ich 1 Million m3 Dämmstoff machen, und wir reden von Jahresernten von 900.000 t, die wir natürlich nicht entnehmen können, sondern die Weizenstrohernte, da geht ein Teil wieder in den Boden zurück. Die hat natürlich einen Düngerwert, aber zum Beispiel in den trockenen Ostregionen Österreichs geht gar nicht so viel in den Boden hinein, weil sonst müsste soviel Stickstoffdünger und Beregnung machen, dass das wieder abgebaut wird. Also überall wo es Niederschläge unter 450-500 mm im Jahr hat, kann ich das eh nicht einsetzen. D.h. Stroh gibt es im Prinzip genug.

(Schwarzmueller20150613x1, 26.31 - 27.00)
Vom Potenzial her hätten wir, sage ich, größenordnungsmäßig kann man leicht der Getreidestrohernte kurzfristig, mittelfristig 100.000 t entnehmen, regional sehr unterschiedlich, weil, sage ich, das einzige Überschussland ist Niederösterreich in Österreich, wo ein Strohüberschuss produziert wird und vielleicht Burgenland, aber nicht so viel, und sonst die Oststeiermark ist ein leichtes Überschussland, und sonst sind es eher Strohimportländer.

(Schwarzmueller20150613x1, 28.28 - 29.14)
Wenn man mittelfristig an der Getreideernte arbeitet und an der Zulieferlogistik und an der Lagerhaltung, dann könnte man ruhig auch 300.000 t entnehmen, und mehr als 3-4 Millionen t Dämmstoff wird nicht verbaut, und dann musst Du ja den Einsatzbereich berücksichtigen: Stroh kann ich nur im trockenen Bereich einsetzen, ich kann es nicht als Perimeterdämmung nutzen, das heißt, ein Drittel fällt mir weg von den Volumina die sowieso im Perimeter und Feuchtbereich sind, da kann ich Stroh nicht einsetzen. Und den Dämmstoffmarkt könnte man bedienen, wenn man es wollte: Nachhaltig, CO2 -neutral, CO2 -speichernd, arbeitsplatzintensiv, nicht auslandsabhängig. Aber es ist klar, dass natürlich eine eingesessene Industrie sich dagegen wehrt, das ist schon richtig.


Gemäß der Broschüre "Strohgedämmte Gebäude" werden ca. 20 % des in der Landwirtschaft anfallenden Strohs nicht benötigt. Bezogen auf die in Deutschland anfallende Strohmenge könnten damit jährlich bis zu 350.000 Einfamilienhäuser mit Stroh gedämmt werden.

Was müsste getan werden, um die Verbreitung der Strohbauweise zu fördern?

Erwin Schwarzmüller:
Es wird sehr oft als Konkurrenz erlebt. So ungefähr die Situation ist vergleichbar mit der Holzbauwirtschaft vor zehn Jahren oder 20 Jahren. Wie die stärker in den Markt gekommen ist, haben sich die Massivbauer natürlich sehr streng abgegrenzt und abgekoppelt und alle möglichen Argumente angeführt, und dasselbe passiert jetzt mit dem Stroh, also dieselbe Abgrenzung wie gegenüber dem Passivhaus.

(Schwarzmueller20150613x2, 30.50 - 31.09)
Die Industrieprodukte haben ja auch ihre Lernkurve gehabt. Wir haben schon sehr viel Lernkurve gehabt, aber was nicht wirklich gut funktioniert im professionellen Strohbau, ist diese Vernetzung. Wir brauchten ein professionelles Strohballennetzwerk auch in Österreich, das die Interessen der Hersteller und der Verarbeiter vertritt.


Wesentlich verbessert werden muss die Ausbildungssituation. Derzeit gibt es noch keine staatlich anerkannte Ausbildung im Strohbau, wenngleich es auch Bemühungen gibt, Curricula für derartige Ausbildungslehrgänge zu entwickeln.

(Schwarzmueller20150613x2, 10.11 - 11.10)
Und uns fehlt eigentlich im Grunde eine professionelle Strohballenbauausbildung. [. . . ]
Jetzt nicht, dass man eine neue Profession errichtet, sondern eher als Weiterbildung in bestehende Innungen und Branchen. Also betroffen wäre der Holzbau, betroffen wären die Maurer und betroffen wären die Verputzer. Die drei Branchen wären angesprochen, und wenn die das als Zusatzausbildung aufnehmen, und es muss dann auch Mindestkriterien geben an Prüfungen und Umfang und Ausbildung. Wir reden da von einem Kurs von 300 h bis 400 h Umfang.

Eine verbesserte Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft ist eine weitere wichtige Aufgabe. Denn einige Entwicklungen in der Landwirtschaft, wie der Trend zu kürzeren Halmlängen, sind ungünstig für das Bauen mit Strohballen.

(Schwarzmueller20150613x1, 19.47 - 20.10)
Wir müssen einfach mit der Landwirtschaft besser kommunizieren. Wenn die sieht, da ist ein Nebenerwerb drinnen, wird sie auch wieder längeres Stroh machen, und das längere Stroh hat ja mehrere Vorteile, nicht nur für das Baustroh, sondern auch für den Boden, auch für die Humushaltung ist es besser, weil es dann tiefer wurzelt. Und wenn ich Zwischensaaten habe, dann wirklich wieder Humusaufbau im Boden passiert, das sind ja alles Parameter, die heute aus dem Blickfeld geraten sind.

In der Broschüre "Strohgedämmte Gebäude" sind einige Punkte angeführt, wo noch Forschungs- und Entwicklungsbedarf für Strohbauweisen besteht.
Es handelt sich um:
Tauglichkeitsnachweise von lasttragenden Strohballenkonstruktionen in statischer Hinsicht
Zulassung von strohgedämmten Wänden in bis zu 5-geschoßigen Gebäuden, kritisch ist hier der Brandschutz
Hygrothermisches Verhalten einiger Aufbauten in Strohbauweise, Ziel ist die Minimierung des Schimmelrisikos.

Erwin Schwarzmüller ist der Ansicht, dass in den letzten Jahren viele wertvolle Forschungsergebnisse hinsichtlich des Bauens mit Stroh generiert werden konnten und dass es jetzt primär darauf ankommt, diese Forschungsergebnisse umzusetzen.

Erwin Schwarzmüller:
Und es war ja dann tatsächlich noch viel Forschungsarbeit zu machen, und heute sehe ich eher nicht so sehr, dass so viel Forschungsarbeit zu machen ist, sondern die Forschungsergebnisse sind zu implementieren mit Unterstützung und Durchdringung der Institutionen. Das ist unsere Hauptaufgabe.


Wo bekommt man weiterführende Informationen?

Die deutsche Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe hat im Jahr 2013 die Broschüre "Strohgedämmte Gebäude" veröffentlicht, welche online unter www.fnr.de verfügbar ist.
Baubiologie.at ist die Informationsplattform des österreichischen Strohballennetzwerks ASBN. Hier findet man u.a. Bildergalerien von gebauten Strohhäusern, Basisinformationen zu Strohballenbau, Links zu Studien, Kontaktdaten von qualifizierten Handwerkern oder Termine von Strohbau-Workshops.
Die Homepage des "Fachverbands Strohballenbau Deutschland e.V.", www.fasba.de, bietet ein ähnlich breites Themen- und Informationsspektrum.
Last, but not least, seien auch noch zwei Bücher aus dem Ökobuch Verlag empfohlen: "Neues Bauen mit Stroh" von Herbert und Astrid Gruber und Helmuth Santler; "Handbuch Strohballenbau" von Gernot Minke und Benjamin Krick.

Hilfreiche Quellen

  1. Dirk Scharmer. Strohgedämmte Gebäude. 2013. url: https://mediathek.fnr.de/media/downloadable/files/samples/b/r/broschuere_strohgedaemmte_gebaeude_web_neu.pdf
  2. Informationsplattform des österreichischen Strohballennetzwerks ASBN (Basisinformationen zu Strohballenbau, Links zu Studien, Kontaktdaten von qualifizierten Handwerkern oder Termine von Strohbau-Workshops). url: http://baubiologie.at/strohballenbau/strohballenbau/
  3. Fachverband Strohballenbau Deutschland e.V.. url: http://fasba.de/
  4. Sissy Hein, Benedikt Kaesberg, Dirk Scharmer, Burkard Rüger und Sabine Sühlo. Strohbaurichtlinie SBR-2014. 2014. url: http://fasba.de/cms/docs/sbr%202014-11-22-download.pdf
  5. Waldland Baustrohballen. url: http://www.waldland.at/de/waldviertler_flachshaus/strohdaemmung/ (besucht am 04. 04. 2016)
  6. Herbert Gruber, Astrid Gruber und Helmuth Santler. Neues Bauen mit Stroh. ökobuch
  7. Gernot Minke und Benjamin Krick. Handbuch Strohballenbau. ökobuch
  8. Benjamin Krick. Untersuchung von Strohballen und Strohballenkonstruktionen hinsichtlich ihrer Anwendung für energiesparendes Bauen unter besonderer Berücksichtigung der lasttragenden Bauweise. Kassel University Press, 2008