Teil 1: Die Frage der Systemgrenze

Kurzbeschreibung: Die ökologische "Vorkette", die die Errichtung eines Gebäudes mit sich bringt, wird beschrieben; die Bedeutung der Frage der Systemgrenze, wenn ökologische Auswirkungen eines Gebäudes bewertet werden sollen, wird betont. Wir haben ein "Gespür" dafür, wie viel die Errichtung eines Wohnhauses kostet, wenn wir sagen "na ja, mit 1800 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche musst Du schon rechnen" oder dafür, wie hoch die Betriebskosten im allgemeinen oder die Heizkosten im speziellen sind, wenn wir sagen "mit 350 Euro pro Jahr hast Du sämtliche Heiz- und Wärmekosten abgedeckt".

Aber weitere Auswirkungen des Gebäudes sind bereits Fragen für besonders Interessierte oder Spezialisten. Gewerbliche Wohnbauträger interessieren sich noch für die künftigen Kosten der Instandhaltung. Aber schon Abriss und Entsorgung eines Gebäudes sind meist nur in Spezialprojekten relevant.

Weniger im Fokus sind die "ökologischen Kosten" bzw. die Auswirkungen, die ein Gebäude auf unsere natürliche Umwelt hat. Doch trägt in dieser Hinsicht der Gebäudesektor erheblich zur Gesamtbelastung bei:

Rohstoffe werden aus der Erdkruste extrahiert, transportiert, in industriellen Prozessen zu Baustoffen verarbeitet, welche schließlich zu den Baustellen transportiert werden. Auf der Baustelle selbst werden große Erdmassen bewegt, meist wird eine Fundamentplatte aus Beton hergestellt und damit eine entsprechend große Fläche versiegelt. Baumaschinen, mit fossilen Energien oder elektrischem Strom betrieben, unterstützen die Bauarbeiter.
Und wenn das Gebäude dann steht, geht es erst so richtig los, könnte man meinen: Das Gebäude wird beheizt, gekühlt, beleuchtet, mechanisch belüftet. All das ist mit einem mehr oder weniger großen Energieverbrauch verbunden.
Energie, die erst erzeugt bzw. genau genommen umgewandelt werden muss. Zur Energiegewinnung bzw. -umwandlung werden oft fossile Energieträger verbrannt. Diese sind einerseits begrenzt vorhanden und die bei der Verbrennung entstehenden Kohlendioxidemissionen tragen erheblich zum Treibhauseffekt und damit zur Klimaerwärmung bei.
Aber auch erneuerbare Energie gibt es nicht zum ökologischen Nulltarif: Denken wir beispielsweise an Bürgerinitiativen, die sich gegen Windparks wehren; an die Kritik am Flächenverbrauch für "Bio"-Treibstoffe oder an die erheblichen Eingriffe in Fluss-Ökosysteme bei Wasserkraftwerken.

Während wir also in ökonomischer Hinsicht mit dem Medium Geld einen universellen Bewertungsmaßstab haben, stellt sich die Frage, wie wir in ökologischer Hinsicht ein Gebäude bewerten können.
Selbst wenn man ökologisch bauen will - es ist gar nicht so leicht, Ökologie über entsprechende Kennzahlen in den Griff zu bekommen. Sprich: ein Bauprojekt ökologisch zu bewerten und vor allem mit Alternativen zu vergleichen, ist schwierig.

Damit es hier keinen Wildwuchs individueller Ökolabels und -systemen gibt, musste und muss hier die EU bzw. der österreichische Staat aktiv werden, um einigermaßen Schwung aber auch System in die Thematik zu bringen. In Österreich geschah dies in der Praxis vor allem durch das Integrieren ökologischer Aspekte in den aktuellen Energieausweis, durch eine ökologische Ausrichtung der Wohnbauförderung sowie, ggf. noch viel zu wenig bekannt, durch das Erstellen des sogenannten klima:aktiv-Kriterienkatalogs.

Wie Umweltaspekte eines Bauprojekts systematisch betrachtet und bewertet werden können, ist Hauptthema dieses Beitrags.
Wir beginnen dabei beim Ernergieausweis, der Umweltauswirkungen beim Betrieb eines Gebäudes darstellt; gehen weiter zur Frage, wie Errichtung, Erneuerung und Betrieb eines Gebäudes in ökologischer Hinsicht dargestellt werden können und kommen schließlich zur Bewertung der Standortqualität eines Gebäudes.
Als Ergänzung zu diesem Beitrag möchten wir auf das File "Gebäudebewertungssysteme im Vergleich" hinweisen, das verschiedene Systeme zur Bewertung von Gebäuden vorstellt und
vergleicht. Diese Systeme enthalten als wesentlichen Bestandteil auch ökologische Bewertungskriterien.

Was bewertet man, wenn man ein Gebäude ökologisch bewertet? - Die Frage der Systemgrenze

DI Johannes Fechner:
Eine ökologische Bewertung von Gebäuden ist eine schwierige Aufgabe und ist immer eine Frage des Systemgrenze.
Ich kann die Optimierung des Heizwärmebedarfs als ökologische Optimierung bezeichnen. Ich kann sagen, das ist mir zu wenig, ich muss auch das Heizsystem [berücksichtigen], muss überlegen, wo kommt die Energie her, dann wären wir beim Primärenergiebedarf.
Ich kann dann darüberhinaus gehen und sagen, es ist aber auch interessant, wieviel Energie steckt eigentlich in den Baustoffen drinnen. Hat die zusätzliche Dämmung einen Sinn oder steckt da vielleicht mehr Energie drinnen als ich dann einsparen will. Das heißt, ich nehm noch die Herstellungsenergie dazu, Primärenergieinhalt der Baustoffe, der Konstruktion.
Ich kann sagen, Energie ist überhaupt zu wenig für die ökologische Bewertung, es gibt doch auch Schadstoffe, es gibt CO2, usw., dann wären wir im System OI3, die da eben zumindest drei Wirkungskategorien abbilden.
Ich kann noch dazunehmen gewisse Toxizitäten, dann wären wir vielleicht beim Umweltzeichen, das versucht, gewisse Produkte hervorzuheben, die hier weniger Schadstoffe enthalten und emittieren.
Und ich kann dann noch weitergehen. Ich kann ja auch sagen, es kommt ja auch darauf an, wo ein Gebäude steht. Es macht einen Unterschied, ob ich das in einem Siedlungsgebiet habe, wo beste Versorgung mit Infrastruktur, mit öffentlichen Verkehrsmitteln, wo das alles vorhanden ist; die Menschen können dort ohne Auto leben. Oder dasselbe Gebäude steht abseits in einer Region, wo es all das nicht gibt und man als Familie z.B. auf zwei oder drei Autos angewiesen ist, weil man sonst dort nicht leben kann. Auch diese Überlegungen sollten in eine Bewertung von Gebäuden eingehen.
Soweit der klima:aktiv Bildungskoordinator Johannes Fechner, der mit diesem Statement einen ersten Überblick über die verschiedenen Aspekte der ökologischen Bewertung von Gebäuden gibt.

Es kommt also nicht nur darauf an, wie bzw. mit welchen Messgrößen oder Indikatoren man die ökologische Performance oder die Umweltbelastung eines Gebäudes misst.
Am Beginn steht vielmehr Frage, was bzw. welcher Ausschnitt aus dem Lebenszyklus eines Gebäudes betrachtet wird. Im folgenden wollen wir uns mit den unterschiedlichen Systemgrenzen, wie Johannes Fechner es bezeichnet hat, beschäftigen. Wir beginnen mit dem Betrieb des Gebäudes.

Teil 2: Systemgrenze 1, Betrieb des Gebäudes - Der Energieausweis als Vergleichsmaßstab

Kurzbeschreibung: Zentrale Fragestellung des Teils ist: Welche Informationen kann man bereits aus dem Energieausweis ablesen, die die Umweltbelastung durch den Betrieb eines Gebäudes betreffen? Die Begriffe des Heizwärme-, Lieferenergie- und Primärenergiebedarfes samt "Konversionsfaktoren" werden vorgestellt. Die Umweltbelastungen werden im Energieausweis durch den Primärenergiebedarf und die Kohlendioxidemissionen ausgewiesen. Der Energieausweis ist ein Dokument, das ausgewählte ökologische Belastungen, die mit dem Betrieb von Gebäuden verbunden sind, darstellt und damit Gebäude in dieser Hinsicht vergleichbar macht.
Das gilt vor allem seit der Novelle des Energieausweises im Jahr 2011. Seitdem ist nicht mehr nur der Heizwärmebedarf als Hauptergebnisgröße dargestellt. Drei weitere Größen sind hinzugekommen: der Primärenergiebedarf, die Kohlendioxidemissionen, also erstmals eine Emissions- und nicht eine Energiegröße, und der sogenannte Gesamtenergieeffizienz-Faktor.

Mit dem Heizwärmebedarf ist der Energieausweis groß geworden. Er ist mit einfachen Mitteln für jedes Gebäude zu ermitteln. 2006 hatte man auch die Haustechnik samt der Wärmeerzeuger rechnerisch in den entsprechenden Normen erfasst.
Damit konnte auch die für den Endkunden wesentliche Größe, der Liefenergiebedarf ausgedrückt werden, also das, was wir in etwa in einem Gebäude an Brennstoff verheizen, bzw., wieviel Geld für Heizung und Warmwasser aufwenden müssen.
Ökologie, wie sie durch Primärenergiebedarf und Kohlendioxidemissionen ausgedrückt werden, sind bislang sicher nicht die prioritären Interessen der meisten Endkundinnen und -kunden. Dass diese Aspekte dennoch berücksichtigt werden und auch als finanzieller Anreiz spürbar sind, darum kümmert sich daher vorwiegend die öffentliche Hand, z. B. über die Wohnbauförderung, die je nach Bundesland an ökologische Kriterien geknüpft ist.

Um Primärenergiebedarf und Kohlendioxidemissionen zu ermitteln, muss zuerst der Endenergiebedarf berechnet werden. Der Endenergiebedarf ist jene Energiemenge, die rechnerisch an der Schnittstelle zum Gebäude für den Betrieb des Gebäudes zur Verfügung gestellt werden muss.
Diese zu erwartende Energiemenge wird also an das Gebäude geliefert und seit wenigen Jahren daher auch als Lieferenergiebedarf bezeichnet. Eine solche Schnittstelle, an die Energie geliefert wird, sind z. B. Strom- und Gaszähler am Haus, der Holzscheiterstapel vor dem Haus, der Öltank oder das Pelletslager im Keller.

Ausgehend vom ermittelten Lieferenergiebedarf wird mit Hilfe von sogenannten Konversionsfaktoren dann Primärenergiebedarf und Kohlendioxidemissionen berechnet, wobei beim Primärenergiebedarf noch zwischen nicht-erneuerbarem und erneuerbarem Anteil unterschieden wird.

Beim Primärenergiebedarf werden auch die Verluste entlang der Lieferkette berücksichtigt, d.h. der Primärenergiebedarf drückt aus, wie viel Energie "primär", mit anderen Worten "ganz am Anfang", der Natur entnommen wird, um die für den Betrieb des Gebäudes benötigte Energie bereitzustellen.Der jedem Energieträger entsprechende Konversionsfaktor gibt an, wieviel kWh an Primärenergie in einer kWh an Endenergie, differenziert nach verschiedenen Energieträgern, steckt.
Gemäß OIB Richtlinie 6, Ausgabe März 2015, ist dieser Konversionsfaktor beispielsweise für Heizöl mit 1,23, für den österreichischen Strommix mit 1,91 festgelegt. D.h., damit 1 kWh Strom beim Endverbraucher ankommt, gehen auf dem Weg von der ursprünglichen, in der Natur vorhanden Energie, bis zum Endverbraucher im Durchschnitt 0,91 kWh verloren.
Analog läuft das mit den Konversionsfaktoren für Kohlendioxidemissionen. Diese geben an, welche Menge an Kohlendioxidemissionen von einer kWh Endenergie, differenziert nach Energieträgern, verursacht wird.

Bei Betrachtung der in der OIB Richtlinie 6 aufgelisteten Konversionsfaktoren fällt auf, dass der Kohlendioxid-Konversionsfaktor für Biomasse sehr niedrig ist. Gebäude, die mit Holz beheizt werden, schneiden daher bzgl. des Indikators Kohlendioxidemissionen vergleichsweise selbst dann sehr gut ab, wenn sie thermisch schlecht sind, also überspitzt gesagt, auch wenn sie "Energieschleudern" sind.
Wenn ein Gebäude thermisch schlecht ist, wird ihm aber im Falle eines Neubaus seitens der Bauordnung allerdings ein Riegel vorgeschoben, da es seitens des Heizwärmebedarfs bzw. der Lieferenergie obere zulässige Grenzen gibt.
Diese Sonderstellung der Bioenergie bezüglich der Kohlendioxidemissionen ist einerseits so begründbar, dass das Kohlendioxid, das bei der Verbrennung freigesetzt wird, während des Wachstums des Baums bzw. der Pflanze aufgenommen wird und somit das Kohlendioxid quasi im Kreislauf bleibt.
Voraussetzung für diese Argumentation ist eine nachhaltige Waldbewirtschaftung. In Österreich wird der Wald nachhaltig bewirtschaftet, es gibt sogar einen Netto-Waldzuwachs. Aber Österreich ist nicht die Welt, im globalen Maßstab sieht die Lage anders aus - Wälder werden oft nicht nachhaltig bewirtschaftet, die Bewaldung der Erdoberfläche geht zurück. Und in Österreich verheizte Biobrennstoffe kommen bisweilen auch aus Übersee.

Als ökologische Faustregel gilt daher, Holz bzw. Biomasse generell zuerst stofflich möglichst lange zu nutzen und erst am Ende der Nutzungsdauer zu verbrennen, man spricht von "kaskadischer Nutzung".
Auch sollte nur in thermisch guten Gebäuden Biomasse verbrannt werden. Denn nicht nur fossile Energie, auch Bioenergie ist begrenzt, auch wenn die Biomasse nachwächst. Sehr begrenzt sogar, wenn man den Raubbau an Wäldern in globaler Dimension betrachtet. Schließlich ist der Wald, solange er steht, ein wichtiger Kohlenstoffspeicher und daher essentiell für das Weltklima.

Der Energieausweis macht also die Umweltbelastungen, die mit dem Betrieb von Gebäuden verbunden sind, anhand von zwei Indikatoren sichtbar und damit vergleichbar:
Der Primärenergiebedarf ist ein Maß für die generell mit der Energiegewinnung einhergehenden Umweltbelastungen.
Die Kohlendioxidemissionen sind ein Maß für den Beitrag zum anthropogenen (also vom Menschen verursachten) Treibhauseffekt, verantwortlich für den Klimawandel.

Man darf sich allerdings von der "Präzision" der Ergebnisse im Energieausweis nicht täuschen lassen.
Tatsächliche Verbräuche können aufgrund von unterschiedlichem Benutzerverhalten sehr stark schwanken. Auch wird beispielsweise nicht berücksichtigt, ob bereits in der Planung darauf Wert gelegt wurde, besonders energieeffiziente Geräte anzuschaffen, wie dies z. B. bei der Planung von Passivhäusern mit dem PHPP gefordert wird.
Um aber Gebäude vergleichbar zu machen, muss man letztlich mit einem normierten Nutzerverhalten und Gerätebestand rechnen.

Teil 3: Systemgrenze 2, Errichtung, Instandhaltung und Entsorgung von Gebäuden

Kurzbeschreibung: Der OI3 Index, im Energieausweis ausgewiesen, gibt drei ausgewählte Umweltbelastungen wieder, die aufgrund der Herstellung der Baustoffe entstehen: das Global Warming Potential (die Treibhauswirksamkeit), den Primärenergieaufwand, der aus nicht erneuerbaren Quellen stammt, sowie das Versäuerungspotential (= Emissionen, die in der Herstellung entstehen, und dann in irgendeiner Weise zum sauren Regen beitragen). Daten für die Berechnung des OI3-Indexes eines Baustoffes sind in der kostenlosen Datenbank baubook.at verfügbar. Der Blick auf die Baustoffe - Der OI3 Index

DI Johannes Fechner:
Welche Möglichkeiten haben wir, um hier überhaupt vergleichen zu können:
Eine Möglichkeit ist der OI3-Index. Ist entstanden aus der Fragestellung: Macht es eigentlich Sinn, Wärmedämmung auf ein Gebäude drauf zu geben? Steckt da nicht mehr graue Energie in der Herstellung? Graue Energie ist die Energie, die man aufwendet, um ein Produkt herzustellen, wird sozusagen in der Fabrik verwendet, diese Energie. Kann dieser Dämmstoff überhaupt so viel Energie einsparen? Diese Fragestellung hatten Förderstellen.
Daraus entstand als erste Antwort dieser OI3-Index. Er ist ein Teil einer Ökobilanzierung, Teil deshalb, weil hier nicht der gesamte Lebenszyklus betrachtet wird, sondern nur von der Herstellung bis zum Fabrikstor. Das hat den Grund, dass der weitere Weg vom Fabrikstor auf die Baustelle, die Nutzungsphase und die Entsorgung derzeit ja nicht fassbar sind. Man weiß es nicht. Hier mit irgendwelchen Durchschnittswerten zu rechnen hat wenig Sinn.
Deshalb hat man gesagt, das was man erfassen kann, wird im OI3-Index abgebildet. Das ist die Herstellung bis zum Fabrikstor, das weitere nicht, es ist keine vollständige Bilanz.
OI3 deshalb, weil drei Wirkungskategorien hier eingeschlossen sind: Global warming potential (Treibhauswirksamkeit), Primärenergieaufwand der aus nicht erneuerbaren Quellen stammt, Versäuerungspotential (=Emissionen, die in der Herstellung entstehen, und dann in irgendeiner Weise zum sauren Regen beitragen).
Man könnte noch mehrere Umweltwirkungen erfassen, hat sich mal auf diese 3 festgelegt. Deshalb heißt er OI3-Index. Und das ist der zweite Grund, warum es keine vollständige Ökobilanz ist, sondern Teilökobilanz. Aber die OI3-Methodik ist inzwischen in mehreren Wohnbauförderungen implementiert und gibt ein paar Hinweise auf Optimierungspotentiale hinsichtlich der ökologischen Seite von Baustoffen.
Der von Johannes Fechner beschriebene OI3-Index wird also aus drei einzelnen Indikatoren gebildet. Zwei davon, den Primärenergieaufwand und die Kohlendioxidemissionen haben wir bereits im Zusammenhang mit dem Energieausweis besprochen. Während diese Indikatoren beim Energieausweis auf den Betrieb des Gebäudes bezogen sind, sind sie beim OI3-Index auf die Herstellung der Baustoffe bezogen.
Als dritter Indikator wird noch das Versauerungspotenzial durch Bestimmung der Schwefeldioxidemissionen, die in der Produktion entstehen, berücksichtigt. Das Versauerungspotenzial ist vor allem in bezug auf die Beeinträchtigung des Bodens - Stichwort "saurer Regen" und der Gewässer bedeutsam.
Diese drei Teilindikatoren werden zu einem Indikator, also zu einer einzigen Zahl, eben dem OI3-Index, zusammengefasst.
Obwohl das natürlich nur eine Auswahl der ökologischen Auswirkungen sowie eine willkürliche Gewichtung der drei ausgewählten Teilbereiche darstellt, wird erst durch diese Fokussierung auf einen Indikator die Vergleichbarkeit ermöglicht. Aber man könnte sagen: Lieber so als gar nicht. Rudi Bintinger, Mitarbeiter beim IBO, dem Österreichischen Institut für Bauen und Ökologie, meint dazu:

Mag. (FH) Rudi Bintinger:
Man hat gesagt, aus unserer Perspektive sind das die drei wichtigsten Faktoren, es gibt aber eine Unzahl mehr an Faktoren, weil unterschiedlichste Stoffe ausgestoßen werden, aber damit kann man ganz gut die Umweltauswirkungen relativ rasch festmachen.
Und mit dem OI3-Index hat man dann eine Kennzahl. Der Vorteil ist, dass man dann mit dieser einen Kennzahl unterschiedliche Gebäude relativ schnell bewerten kann.
Wenn ich drei unterschiedliche Kennzahlen habe, dann wird das ein bißchen schwieriger, weil man dann immer drei Kennwerte vergleichen muss.
Die dem OI3-Index zugrundeliegenden Werte, also Primärenergieinhalt, Kohlendioxid- und Schwefeldioxidemissionen, die in der Produktion entstehen, sind bauteilbezogen in der Datenbank baubook.at erfasst.
Hier kann man also die ökologischen Kennwerte für einen bestimmten Baustoff nachsehen und beispielsweise einen Dämmstoff aus Hanf mit EPS vergleichen.
Baubook.at wird bislang häufig genutzt, um ein Projekt durch die Wahl der Baustoffe so hinzutrimmen, dass man entsprechende Fördermittel der Wohnbauförderung lukrieren kann, sodass man also entsprechende Ökokriterien der öffentlichen Hand noch erfüllt. Die Datenbank enthält also neben den bereits erwähnten ökologischen Kennwerten weitere nützliche Angaben zu Baustoffen:

Mag. (FH) Rudi Bintinger:
Was es bei uns gibt oder was ein Tool wäre, ist das Baubook, baubook.at, vom IBO und vom Energieinstitut Vorarlberg initiiert.
Ist im Prinzip eine große Datenbank mit Baustoffen. Und da kann man nachsehen, ob ein Produkt den Ökokauf-Kriterien Wien entspricht oder den klima:aktiv Kriterien.
Man sieht auch, ob das Produkt eine Produktprüfung gehabt hat, ob es ein Umweltzeichen dazu gibt und man kann sich auch spezifische Kennwerte ansehen, wie z.B. was ökologische Werte betrifft, Primärenergiebedarf bei Herstellung, CO2-Emissionen oder solche Dinge. Das ist ein Tool, das man sicher verwenden kann.

Teil 4: Ein Ökobilanz-Vergleich zweier Gebäude

Kurzbeschreibung: Mit der Software eco2soft, auf baubook.at verfügbar, kann man eine Ökobilanz über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes berechnen. Ein Fallbeispiel eines Bürogebäudes in lasttragender Strohballenbauweise wird mit einem gleich großen Gebäude in konventioneller Bauweise verglichen: Das konventionell gebaute Gebäude weist 50% mehr Primärenergiebedarf und um 100% mehr Kohlendioxidemissionen auf. Dabei wird berücksichtigt ("gutgeschrieben"), dass auch noch jene Wärme genutzt wird, die nach Ende der Lebens- bzw. Nutzungsdauer durch Verbrennen der alten Baustoffe freigesetzt werden kann. Wer sich auf baubook.at registriert, kann mit Hilfe der dort frei verfügbaren Software eco2soft auch eine Ökobilanz über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes berechnen.
Das heißt, neben der Betrachtung der Errichtung werden in der Lebenszyklusperspektive auch die Umweltbelastungen für Instandhaltung bzw. Erneuerung und Abriss bzw. Entsorgung eines Gebäudes erfasst.

Mag. (FH) Rudi Bintinger:
Die Bauteilaufbauten, die ich da gezeigt habe, beziehen sich nur auf die Errichtung, aber wenn man ein Gebäude hat, dann hat man erstens nicht nur Außenwand, sondern auch die ganzen anderen Bauteile, und zweitens man legt eine Nutzungsdauer fest. In dieser Nutzungsdauer passieren Erneuerungen, bzw. am Ende wird wahrscheinlich eine Entsorgung stattfinden. Und das ganze kann man mit dem eco2soft dann auch noch abbilden.
Rudi Bintinger hat eine derartige Ökobilanz für ein Bürogebäude, das in lasttragender Strohballenbauweise errichtet wurde, erstellt und dieses Gebäude mit einem "konventionell" errichteten verglichen.
Lasttragender Strohballenbau bedeutet, dass die Gebäudelast über die beidseitig verputzten Strohballenwände abgetragen wird. Dies steht im Gegensatz zu der Bauweise, wo Stroh "nur" die Funktion des Dämmstoffs in einer Holzkonstruktion erfüllt, welche die lastabtragende Funktion übernimmt.

Mag. (FH) Rudi Bintinger:
Hier wurde das für Stroh gemacht, für den lasttragenden Strohballenbau der Firma Höller, der ist exemplarisch zu sehen. Zwei Drittel der Wände sind lasttragend, ein Drittel ist als Holzständerkonstruktion errichtet. Wenn man sich das so ansieht, sieht man hier die Errichtung, blau wäre der Primärenergiebedarf, rot die CO2-Emissionen, grün die Versauerung. Dänn hätten wir hier Errichtung, Erneuerung, Enstorgung; das wäre die Ökobilanz für dieses Gebäude.
Die Ökobilanz dieses Gebäudes wird mit einem gleich großen Gebäude in konventioneller Bauweise vergleichen. Konventionelle Bauweise bedeutet konkret, dass das Gebäude in Massivbauweise errichtet ist. Beispielsweise besteht die Außenwand aus 25 cm Ziegel plus 25 cm Wärmedämmverbundsystem aus EPS.
Das konventionelle Gebäude hat bei gleichen Außenmaßen aufgrund der bei gleichem U-Wert geringeren Wanddicken eine um 9% größere Nutzfläche. Die Bruttogeschoßfläche beträgt bei beiden Gebäuden 355 m2.

Der Primärenergiebedarf für Errichtung, Erneuerung und Entsorgung beträgt beim lasttragenden Strohballenbau etwa 400.000 kWh, während er beim konventionell errichteten Gebäude mit etwa 600.000 kWh um 50 % höher ist.
Ein großer Anteil an der Gebäudemasse und damit auch am Primärenergiebedarf steckt beim lasttragenden Strohballenbau in den massiven Bauteilen: 40% der Gebäudemasse sind in diesem Projekt in der Fundamentplatte aus Beton, 16% im Zementestrich.

Es ist aus diesem Beispiel auch deutlich ersichtlich, dass der Primärenergieaufwand für Errichtung, Erneuerung und Entsorgung im Vergleich zum Primärenergiebedarf für den Betrieb des Gebäudes eine relevante Größenordnung erreicht und daher nicht vernachlässigbar ist.
Nehmen wir an, dass bei einem (sehr) guten energetischen Standard der Primärenergiebedarf für Heizen und Warmwasser bei 40 kWh/m2a (bezogen auf die Bruttogrundfläche) liegt.
Dann steckt in Errichtung, Erneuerung und Entsorgung beim lasttragenden Strohballenbau soviel Primärenergie wie für Heizen und Warmwasser in einem Zeitraum von 29 Jahren verbraucht würde. Beim konventionellen Gebäude liegt dieser Wert bereits bei 42 Jahren.

Bei den Kohlendioxidemissionen sieht die Bilanz etwas anders aus. Beim lasttragenden Strohballenbau ist das Ergebnis sogar ein negativer Wert für die Phase der Errichtung. "Negative Emissonen", das bedeutet, es wird durch das Projekt sogar CO2 netto gebunden statt freigesetzt.
Eine solche Projektwirkung ist möglich, weil der in den Baustoffen Stroh und Holz gebundene Kohlenstoff als CO2-Gutschrift angerechnet wird. Dieses CO2 wird der Atmosphäre zumindest für die Dauer der Gebäudenutzung entzogen, so lange also, so lange das Material nicht verbrannt wird oder verrottet. Diese Gutschriften des im Baumaterial gebundenen CO2 sind in Summe so hoch, dass in der Gesamtbilanz der Gebäudeerrichtung negative Kohlendioxidemissionen resultieren.

Aber es gibt noch eine wichtige, letzte Phase des Gebäudes: Die Entsorgung. In der Phase der Entsorgung wird im Strohprojekt das im Baumaterial bei der Errichtung gebundene Kohlendioxid freigesetzt, entweder durch Verrottung oder durch Verbrennung. Erstaunlich ist, dass die bei Verbrennung in einem Heizwerk entstehende Energiemenge mit etwa 350.000 kWh beinahe so hoch wie die Primärenergie für Errichtung, Erneuerung und Entsorgung ist. Das Gebäude ist damit, was Errichtung und Entsorgung betrifft, über den Lebenszyklus betrachtet fast "energie-neutral", sofern am Ende des Lebenszyklus eine thermische Verwertung der Bauteile erfolgt. Anders gesagt: Das Gebäude wurde mit jener Bioenergie gebaut und auch wieder entsorgt, die im Baumaterial selbst steckte.

Wie hoch bewerten wir aber die Wärme, die man noch durch Verbrennen der Baustoffe eines alten Gebäudes gewinnen könnte? Das hängt davon ab, was wir mit dieser Wärme ersetzen können. Wird angenommen, dass durch die Verbrennung des alten Holzes und Strohs Erdgas substituiert wird, und werden die dadurch entstehenden CO2-Einsparungen als Gutschrift angerechnet, ergibt das eine vergleichsweise sehr gute CO2-Bilanz für den lasttragenden Strohballenbau über den gesamten Lebenszyklus.
Während unter dieser Annahme der Ergassubstitution die gesamten Kohlendioxidemissionen über den Lebenszyklus beim konventionellen Massivbau etwa 187.000 Tonnen betragen, betragen sie beim lasttragenden Strohballenbau nur 74.500 Tonnen, also weniger als die Hälfte. Fairerweise muss man dazu sagen, dass Stroh verbrennungstechnisch ungünstig ist, weil bei der Verbrennung Schlacke entsteht und die Abgase stark korrosiv sind. Es gibt daher auch relativ wenige Heizwerke, die mit Stroh betrieben werden.

Grundsätzlich haben aber Baustoffe aus nachwachsenden Rohstoffen wie Holz oder Stroh im Vergleich zu anderen Baustoffen aus ökologischer Sicht folgende wesentliche Vorteile:
Erstens, der in diesen Baustoffen enthaltene Kohlenstoff ist gebunden, solange diese Baustoffe eingebaut sind;
Zweitens können diese Baustoffe am Ende der Nutzungsdauer thermisch verwertet, also verbrannt werden, somit kann Energie gewonnen und fossile Brennstoffe können substituiert werden. Im Idealfall können sie sogar wiederverwendet werden, ein alter Deckenbalken kann, wenn statisch noch in Ordnung, in einem anderen Projekt weiter seinen Dienste tun;
Drittens können diese Baustoffe, soferne sie am Ende der Nutzungsdauer nicht verbrannt werden, umweltschonend entsorgt werden, da sie organisch abbaubar sind, sie können also zumindest verrotten.

Mag. (FH) Rudi Bintinger:
Ich würde einfach sagen, umweltverträglich bauen, wenn mans ganz genau nimmt. Das ist, finde ich, der genauere Ausdruck dafür. Umweltverträglich bauen würde ich so definieren, dass man den ganzen Lebenszyklus eines Gebäudes betrachtet.
Das heißt, dass man nicht nur anschaut, wie ist es bei der Errichtung, welche Baustoffe verwende ich, sondern was passiert am Ende des Lebenszyklus des Gebäudes.
Das heißt, wie kann ich das einfach entsorgen? Wie kann ich es möglichst lange nutzen und dann einfach entsorgen? Oder kann ich es irgendwie adaptieren, damit ich es länger nutzen kann für andere Nutzungen? Das wäre ganz kurz umschrieben, was für mich umweltverträgliches Bauen bedeutet.

Teil 5: Die Wahl des Standorts, Abschließendes Resümee

Kurzbeschreibung: Die Bedeutung der Standortwahl wird beleuchtet, vor allem in bezug auf die Verkehrserschließung. Die Idee des österreichischen "Energieausweises für Siedlungen" zur Standortbewertung sowie des schweizerischen "2000-Watt Tools" wird erwähnt. Der Energieausweis für Siedlungen und ähnliche Planungstools zur Bewertung der Standortqualität

DI Johannes Fechner:
Und aus dem Grund heraus gibt es da auch interessante Ansätze, in Österreich zum Beispiel unter dem Thema "Energieausweis für Siedlungen". Die Schweizer haben da schon sehr viel gemacht und die haben da zum Beispiel ein 2000-Watt Tool entwickelt, wo eben eine Arealbewertung in einer sehr frühen Planungsphase möglich ist und wo all diese Aspekte auch eingehen. Und wir versuchen das eben jetzt auch in Wien schon zu verwenden, solche Optimierungstools, die werden schon verwendet noch in einer sehr frühen Phase, noch bevor wir irgendeinen Energieausweis rechnen, weil es jetzt erst darum geht, wie wird so ein Gebiet überhaupt entwickelt. Da geht es eben auch darum, einmal zu optimieren, welche Dichte ist sinnvoll, man kann sich auch anschauen, welche Einfluss hätten verschiedene Bauweisen. Ein wichtiger Punkt ist auch die Verkehrserschließung, es macht einen Unterschied, ob der Weg zum Auto in die Garage ganz bequem im eigenen Stiegenhaus bewältigt werden kann oder ob man 300 Meter gehen muss zu einer Sammelgarage. Und innerhalb von 300 Meter hätte ich auch schon die Bus- oder Straßenbahnstation, dann habe ich einfach Chancengleichheit, und das macht einen großen Unterschied für das Mobilitätsverhalten.
Und derartige Dinge kann man eben - oder muss man sogar - in einer sehr frühen Phase optimieren, weil nachher ist es dann schon wieder zu spät.
Mit dem Energieausweis für Siedlungen und ähnlichen Planungstools kann also die Standortqualität bewertet und die Planung unterstützt werden. Es geht dabei hauptsächlich um die Verkehrserschließung und die Ausstattung mit Infrastruktur. Ziel ist ein möglichst geringer Mobilitätsbedarf.
Im Wiener Stadtentwicklungsgebiet der Seestadt Aspern wurden bereits derartige Tools eingesetzt, worauf der klima:aktiv Bildungskoordinator Johannes Fechner hinweist:

DI Johannes Fechner:
In Ansätzen, sagen wir mal so, man probiert jetzt einmal aus, was die richtigen Tools sind, es gibt gewisse Vorgaben auf der Ebene von Energie, CO2, usw., die durchaus ambitioniert sind und wo man dann eben als Orientierung einmal schaut, wie man dort hinkommen kann.
Mit derartigen Tools ist eine visuell nachvollziehbare Darstellung möglich und verschiedene Szenarien können durchgespielt werden. Das sind Vorteile in der Kommunikation mit Entscheidungsträgern:

DI Johannes Fechner:
Es ist halt doch so, dass gewisse Darstellungen, wenn die gut fundiert sind, einfach mehr bewirken als wenn man immer wieder mit denselben Vorstellungen oder mit denselben Anforderungen auf die Leute zugeht.
Schauen Sie sich das an, man kann verschiedene Varianten schnell einmal vergleichen, da schauts so und so und so aus. Das ist eigentlich der Sinn von diesen Tools, dass man Entscheidungsfindungen nocht stärker untermauern kann oder unterstützen kann.
Ökologische Bewertung von Gebäuden - Resümee

Sollen nur die Umweltauswirkungen, die mit dem Betrieb eines Gebäudes verbunden sind, betrachtet werden, ist eine Beurteilung bereits alleine mit den im Energieausweis errechneten Ergebnisgrößen des Primärenergiebedarfs und der Kohlendioxidemissionen möglich. Es gibt hier also keinen Zusatzaufwand in bezug auf die ohnehin erforderliche Erstellung des Energieausweises.

In der Energieausweis-Software wird aber auch der OI3-Index für die thermische Hülle mitberechnet. Mit dem OI3-Index werden wichtige Umweltbelastungen, die mit der Produktion der Baustoffe verbunden sind, gleich miterfasst.

Auf baubook.at sind für eine große Zahl an Baustoffen die für die Ökobilanz verwendeten Kennwerte des Primärenergieinhalts, der Kohlendioxid- und der Schwefeldioxidemissionen abrufbar. Diese Daten sind zu einem großem Teil auch bereits direkt in die aktuellen Produkte von Energieausweissoftware integriert.
Auf baubook.at befinden sich aber auch weitere wertvolle Informationen, beispielsweise, ob der jeweilige Baustoff mit einem bestimmten Gütesiegel bzw. Prüfzeichen ausgezeichnet wurde.
In Österreich gibt es drei relevante Prüfzeichen: das Umweltzeichen, das Nature Plus Prüfzeichen und das IBO Prüfzeichen. Einige Förderstellen nehmen auf diese Prüfzeichen auch Bezug.

Mit der auf baubook.at frei verfügbaren Software eco2soft können auch Ökobilanzen für Bauteile und ganze Gebäude berechnet werden. Eine Ökobilanz über den Lebenszyklus eines Gebäudes umfasst Errichtung, Erneuerung und Entsorgung.
Gebäude mit einem hohen Anteil an Baustoffen aus nachwachsenden Rohstoffen schneiden in der Regel bei einer Ökobilanzierung im Vergleich zu "konventionellen" Gebäuden besser ab.
Nachwachsende Rohstoffe haben die Vorteile, dass der in ihnen enthaltene Kohlenstoff bis zur Phase der Entsorgung gebunden ist und dass sie am Ende des Lebenszyklus thermisch verwertet bzw. zumindest relativ umweltschonend entsorgt werden können, da sie organisch abbaubar sind.

Ein wesentliches Kriterium zur Beurteilung der ökologischen Auswirkungen ist die Nutzungsdauer des Gebäudes. Insbesondere bei Gebäuden mit kurzen Nutzungsdauern sollte daher die ökologische Optimierung der Gebäudekonstruktion eine wesentliche Überlegung darstellen und auch die Rückbaubarkeit und Entsorgung mitbedacht werden. Bei Gebäuden mit sehr langen Nutzungsdauern hingegen sind auch aufwändigere Konstruktionen eher vertretbar.

Ein neu gebautes Gebäude, auch wenn es ökologisch optimiert wurde, stellt in der Regel eine signifikante zusätzliche Umweltbelastung dar. Insbesondere dann, wenn es "auf die grüne Wiese" gestellt wurde und so zu einem erhöhten Mobilitätsbedarf beiträgt.
Um die Frage der Standortqualität bewerten zu können, gibt es Planungstools wie den Energieausweis für Siedlungen, die die Raum- und Infrastrukurplanung unterstützen sollen.

Bei einer thermischen Sanierung mit Dämmdicken, wie sie heute üblich sind, muss man sich keine Sorgen über den Gesamteffekt machen, selbst wenn man mit fossilen Materialien wie EPS saniert. Umweltbelastungen, die mit einer thermischen Sanierung einhergehen, amortisieren sich zumeist innerhalb weniger Jahre:

DI Johannes Fechner:
Man kann hier mal prinzipiell sagen, dass sich Wärmedämmung aus ökologischer Sicht, mit jedem Dämmstoff, der derzeit verfügbar und erlaubt ist, sinnvoll darstellen lässt. Die Energie, die im Dämmstoff drinnen steckt, kann man relativ leicht nachrechnen. Die Werte des Primärenergieinhalts von Dämmstoffen sind z.B. auf baubook.at alle einsichtig, damit weiß man, wieviel Energie in dem Dämmstoff drinnen steckt, z.B. pro m3. Dann kann man es z.B. auf eine 20cm dicke Dämmung runterrechnen, setzt es dem gegenüber, wieviel Energie man jährlich einspart durch die Verbesserung des U-Wertes.
Und man sieht, wenn man so etwas ausrechnet, kommt man in der Regel auf Werte, die maximal 2 Jahre betragen. Also, in 2 Jahren ist soviel Energie eingespart, wie in dem Dämmstoff drinnen steckt. Der Wert kann noch deutlich besser sein bei Dämmstoffen, die z.B. aus Altpapier hergestellt werden, weil da der Aufwand in der Produktion marginal ist. Aber die 2 Jahre treffen z.B. auf Dämmstoffe aus Erdöl zu.

Hilfreiche Quellen

  1. Qualitätsgruppe Wärmedämmsysteme. Der OI3 Index. In: IBOmagazin 2 (2006). url: http://www.ibo.at/documents/OI3index.pdf
  2. IBO - Österreichisches Institut für Baubiologie und -ökologie. OI3 Berechnungsleitfaden. M¨ arz 2016. url: http://www.ibo.at/de/documents/20160302_OI3_Berechnungsleitfaden_V3.1.pdf
  3. Die Web-Plattform baubook. url: https://www.baubook.info
  4. Eco2Soft. url: http://www.baubook.at/eco2soft/
  5. Der "Energieausweis für Siedlungen". url: http://www.energieausweis-siedlungen.at
  6. ELAS Rechner – Energetische Langzeitanalysen für Siedlungsstrukturen. url: http://www.elas-calculator.eu/